„3 Worte-Neue Notizen aus der Gegenwart“ - KT Guttenberg liest aus seinem neuen Buch-Teil 9
Shownotes
Aufgrund der großen Nachfrage, gehen wir in die Verlängerung. Jeden Freitag hören Sie weitere Auszüge aus dem Buch von KT Guttenberg!
Wer's noch nicht kennt: KT Guttenberg liest aus seinem neuen Buch „3 Worte – Neue Notizen aus der Gegenwart“ vor. Das Werk ist im Herder Verlag erschienen und bietet spannende Einblicke in Politik, Gesellschaft und persönliche Reflexionen.
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09.12.25 Stuttgart, Liederhalle      
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Transkript anzeigen
00:00:00: Willkommen zurück bei drei Worte, neue Notizen aus der Gegenwart.
00:00:05: Heute sprechen wir darüber, dass kein böses Wort gefallen ist, obwohl die Situation das eventuell hätte herbeiführen können.
00:00:11: Viel Spaß dabei.
00:00:13: Berlin, Versäumnis, Lebensabend.
00:00:17: Ein Nachmittag im Herbst.
00:00:19: Ich sitze in einem Charlottenburger Café, mäßig gelaunt angesichts der Zeitungslektüre.
00:00:25: Es ist voll und laut.
00:00:27: Ein Mann nähert sich, etwas älter als ich.
00:00:31: Er hatte bis dahin ein Rollstuhl geschoben, in dem eine sehr betagte Dame sitzt.
00:00:36: Sie fielen mir bereits auf, da sie erfolglos einen freien Tisch suchten.
00:00:41: Können wir uns zu ihnen setzen?
00:00:43: Sehr gerne.
00:00:45: Meine Antwort ist freundlicher als meine Haltung, lieber wäre ich allein sitzen geblieben.
00:00:49: Immerhin ärgere ich mich gleich über meinen unnötigen Reflex.
00:00:53: Ich rutsche zur Seite, widme mich wieder den Artikeln.
00:00:57: werde aber ständig durch die beiden abgelenkt.
00:01:00: Offensichtlich Mutter und Sohn.
00:01:03: Sie hört vernehmlich nicht mehr allzu gut, jedenfalls sprechen sie sehr vernehmlich.
00:01:09: Nach einer Weile zieht mich die Unterhaltung in ihren Bann.
00:01:12: Dieses so zugewandt und liebevoll, wie ich es lange nicht mehr zwischen zwei Generationen erlebt habe.
00:01:19: Dabei reden sie nicht über Erinnerungen oder Enkel.
00:01:22: Es geht ums Älterwerden, um Krankheit, um Pflege, um Beerdigung und Nachlass.
00:01:30: In dess es hat nichts Schweres.
00:01:33: Es ist ein erstaunlich humorvoller Dialog.
00:01:36: Ohne jede Larmoyanz.
00:01:39: Zu meiner Überraschung gelten die Themen nicht der alten Dame, sondern ihrem Sohn.
00:01:45: Dem letzten Drittel seines Lebens.
00:01:48: Er will Würde voll altern.
00:01:51: Das seien bislang eher Würge voll gelungen.
00:01:55: Sie lachen.
00:01:58: Stören wir sie?
00:01:59: Sind wir zu laut?
00:02:00: fragt mich unvermittelter Mann.
00:02:02: Überhaupt nicht.
00:02:03: Ich bin auf Volk kommend fasziniert.
00:02:05: Wovon?
00:02:07: Ich frage wie ihnen diese Leichtigkeit gelänge.
00:02:10: Handle sich doch um Angelegenheiten, die bei mir regelmäßig Lähmung auslösen würden.
00:02:16: Ihr sah es früher ähnlich gegangen, sagt die alte Dame.
00:02:19: Sie hätte ihren Mann und eine erwachsene Tochter nach langer Krankheit verloren.
00:02:24: Damals wäre allein der Versuch, Trost zu spenden, im Vordergrund gestanden.
00:02:29: Jeder wusste vom Nahenden tot.
00:02:32: Keiner sprach über die Konsequenzen.
00:02:34: Im Leben wieder nach.
00:02:37: Tat man es doch, kam es regelmäßig zum Streit.
00:02:41: Die Folge Chaos.
00:02:44: Organisatorisch und als Gefühlslage.
00:02:47: Verbunden mit nacheilenden Schuldzuweisungen an die Verstorbenen.
00:02:52: Es sei nie zu früh, sie blickt auf ihren Sohn oder zu spät, sich mit seinen Angehörigen einen anderen Umgang mit dieser Thematik anzugewöhnen.
00:03:01: Es muss nicht erst im Heim geschehen.
00:03:03: Es geht auch bei einer guten Flasche Wein.
00:03:05: Oder hier.
00:03:08: Ich muss los.
00:03:10: Besprechen Sie das auch mit Ihren lieben fragter Mann bei der Verabschiedung?
00:03:14: Ich zögere.
00:03:16: Wir besprechen viel, ja.
00:03:18: Aber diese Punkte viel zu wenig.
00:03:20: Und das ist bereit zu übertrieben.
00:03:23: Nicht nur über die Notwendigkeit von Pflegeeinrichtungen wird in vielen Familien über Jahre kreativ und verschämt geschwiegen.
00:03:31: Wenn es unvermeidlich wird, hinterlässt die zelebrierte Sprachlosigkeit oft tiefe Wunden.
00:03:38: Der Alltag bestimmt das Dasein.
00:03:41: Irgendwann bestimmt eine Krankheitsgeschichte den Alltag.
00:03:45: Oder das Bedauern versäumter Gelegenheiten.
00:03:48: Überhaupt das verdammte Selbstmitleid.
00:03:52: Es wird Zeit, einige Gespräche zu führen.
00:03:54: Fröhlich.
00:03:55: Mit einer Flasche Wein.
00:03:58: Hamburg, Taxi, Heimat.
00:04:03: Bonnastagabend in Hamburg.
00:04:05: Der Taxifahrer hat einen klangvollen türkischen Namen.
00:04:09: Statur und Stirnacken eines Türstehers in der Herbertstrasse.
00:04:13: Zumindest stelle ich mir Rausschmeißer in der Rotlichtmeile so vor.
00:04:17: Terra incognita, Gott lob.
00:04:20: Im Autoradio läuft NDR Kultur.
00:04:22: Jemand liest die italienische Reise von Goethe.
00:04:26: Es verspricht eine kontrastreiche Fahrt zu werden.
00:04:30: Der Fahrrad dreht sich um.
00:04:32: Ob er den Sender wechseln solle.
00:04:34: Alles gut, alles gut, es ist nur etwas ungewöhnlich.
00:04:38: So ungewöhnlich wie seine Antwort.
00:04:41: Haben Sie bei mir etwa andere Assoziationen gehabt?
00:04:44: Oh, keineswegs schwindelig.
00:04:47: Er spricht perfekt Deutsch.
00:04:48: Ich versuche die Situation zu retten.
00:04:51: Fahren Sie Taxi um Goethe zu hören?
00:04:54: Nein, ich fahre um ein Studium zu finanzieren.
00:04:58: Wenig später gestehe ich ihm tatsächlich eine andere Einschätzung gehabt zu haben.
00:05:03: Da wäre ich nicht der Erste.
00:05:06: Gerade ältere Fahrgäste sagen oft, sie sprechen aber erstaunlich gut Deutsch.
00:05:10: Was antworten Sie darauf?
00:05:12: Sie auch.
00:05:14: Irgendeine Reaktion?
00:05:15: Stottern?
00:05:16: Oder schweigen?
00:05:18: Einmal hätte er ein Fahrgast gebeten, auszusteigen, als dieser darauf gesagt hätte, sie wirken gar nicht wie einer von uns.
00:05:24: Großes Gezäter.
00:05:27: Der Großvater meines Fahrers kam als Gastarbeiter aus der Türkei.
00:05:31: Sein Vater zog Anfang der neunzehntiebziger Jahre nach.
00:05:34: Er selbst ist in Hamburg geboren.
00:05:37: Meine Mutter, mäßig läubig, aber immer mit Kopftuch unterwegs hat mittlerweile Angst.
00:05:42: Sie fühlt sich außerhalb moslimischer Mitbürger nicht mehr willkommen.
00:05:47: Wir sprechen über die Zuwanderung und Integrationsversagen in unserem Land.
00:05:52: Die Neigung zu Pauschalurteilen, auf allen Seiten.
00:05:56: Ich frage ihn zu seiner Haltung zum Neostkrieg, wie derzeit bei fast allen Taxifahrten.
00:06:02: Erschreckend oft ernte ich eine Anti-Israel-Svader, gespickt mit antisemitischen Stereotypen.
00:06:08: Im Übrigen nicht nur von Fahrern mit Migrationshintergrund.
00:06:12: Argumenten zeigen sich nur wenige zugänglich.
00:06:15: Anders der türkischstämmige Student.
00:06:19: Er betont das Selbstverteidigungsrecht Israels, wünscht sich den Schutz der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten und geiselt den barbarischen Zynismus der Hamas.
00:06:30: Am schlimmsten sind hier die tanzenden Terrorbejubler.
00:06:34: Es sei schrecklich.
00:06:36: Ein Großteil der Muslime in Deutschland würde Gewalt im Namen Gottes verurteilen und die Hamas verabscheuen.
00:06:43: Nur hört man sie nicht.
00:06:44: Die schweigen die Mehrheit.
00:06:46: Aber das kennen sie ja aus ihrer, nein, unserer Geschichte.
00:06:51: Wir kommen am Zielort an.
00:06:54: Eine Fahrt über Minenfelder unserer Gesellschaft.
00:06:57: Was er denn studieren würde.
00:07:00: Literatur und Philosophie.
00:07:03: Zudem verdient er sich noch ein Zubrot als Türsteher.
00:07:06: Ich verbeiste mir die Frage, wo genau.
00:07:10: Auf den Rückflug von Hamburg sitzt vor mir ein Mann mit einer Kippa.
00:07:15: Er mag wie viele Juden in unserem Land eine zweite Chance gegeben, sich mit einer neuen Generation versöhnt haben, heute Angst.
00:07:25: Wie ihrwitzig erscheint dagegen die Unversöhnlichkeit.
00:07:27: nicht weniger Menschen, die uns dieser Tage wieder einmal heim sucht.
00:07:33: Ebenso unsere Differenzierungsträgheit.
00:07:39: Colorado Ankunftshalle Verbindlichkeit.
00:07:44: Flughäfen können frustrationsbeschleuniger sein.
00:07:48: Orte zelebrierte Bissfunktionalität.
00:07:52: Manchmal aber geschehen kleine Wunder.
00:07:55: Letzte Woche an einem Regional Airport im Nordwesten der USA.
00:07:59: Mein Zielort.
00:08:01: Kurz vor acht Uhr abends.
00:08:03: Draußen wütet ein Schneesturm.
00:08:06: Drinnen tobt niemand.
00:08:09: Erstaunlich.
00:08:10: Denn einige Passagiere warten vergeblich auf ihr Gepäck.
00:08:13: Anschlussflüge sind ausgefallen, zahlreiche Fluggäste sind gestrandet.
00:08:18: Der Flughafen Laden hat längst geschlossen.
00:08:21: Die Snackmaschinen sind bis auf klebriges Rootbeer geplündert.
00:08:25: Auch mein Koffer fehlt.
00:08:27: Nicht aufgrund amerikanischer Schusslichkeit soll es ja auch geben.
00:08:32: Nein, es lag wohl an der mittlerweile routinierten Abflugverzögerung in München.
00:08:37: Ich hatte den Anschluss in den USA gerade noch erreicht mit hängen der Zunge und Handgepäck.
00:08:42: Wenigstens die Zahnbürste an den Zielort retten.
00:08:46: Ich frage mich, wann deutsche Fluglinien das Hecheln zur Transit flügen, endlich mit einem Abenteuerzuschlag einpreisen.
00:08:52: Man bietet den Gästen ja immerhin Spannung.
00:08:55: In der Ankunftshalle des US-Provinzflughafens bilden sich nun zwei Schlangen.
00:09:00: Eine am United Airlines-Schalter, die andere beim einzigen noch geöffneten Autovermeter Avis.
00:09:08: Gepäckermittlung oder Fahrzeug?
00:09:11: Ich entscheide mich für das Auto.
00:09:14: Hinter dem Avis-Counter steht ein Mann mit Krücken.
00:09:17: Empfehlt ein Bein.
00:09:19: Er hat den Button einer Veteranenvereinigung auf der Brust und bittet die wartenden um Nachsicht.
00:09:24: Es sei erst sein zweiter Tag.
00:09:27: Die Abwicklung der Mietverträge dauert tatsächlich lange.
00:09:30: Sehr lange.
00:09:31: Jeder Vertrag wird handschriftlich ausgefüllt, bevor ein archaischer Nadeldrucker zum Einsatz kommt.
00:09:38: Indes, es fällt kein böses Wort.
00:09:41: Jeder, selbst ein junger Hippie, dank dem Veteranen für seinen Dienst am Vaterland.
00:09:48: Bei uns würden sich manche eher verschlucken, bevor sie einen solchen Satz über die Lippen bekämen.
00:09:53: Ich erhalte schließlich den Wagen und stelle mich am United-Schalter an.
00:09:58: Dieser ist mit einem jungen Mann besetzt, er wirkt müde.
00:10:01: Seine Augenringe sind abbarmungswürdig.
00:10:04: Er kümmert sich um Gepäckstücke und Ersatzflüge, hingebungsvoll und freundlich.
00:10:11: Vor ihm verliert eine Frau die Fassung.
00:10:13: Weint.
00:10:15: Sie hätte in diesem Abend in Kalifornien sein müssen, ihre Kinder sein allein zu Hause.
00:10:20: Der junge Mann findet tröstende Worte, organisiert den Morgenflieger und mit seinem Mobiltelefon ein Hotel.
00:10:27: Er fühlt sich verantwortlich, ohne seine eigentliche Zuständigkeit zu betonen.
00:10:33: Wo denn die Kollegen sein, frage ich, als ich an der Reihe bin.
00:10:37: Ah, Personalengpässe, ich bin seit vierzehn Stunden am Flughafen, aber ich bleibe gerne, um ihnen zu helfen.
00:10:46: Natürlich handelte es sich bei alle dem um kein Wunder.
00:10:50: Nicht einmal um ein kleines, wenn man Zugewandtheit noch einen Wert beimisst.
00:10:55: Wundernd darf man sich in dess über manchen rupigen Moment auf unserer Seite des Atlantiks, wo der Hinweis, da kann ich ihn auch nicht weiterhelfen, ebenso zum Standortreportual gehört, wie das Klagen über Unfähigkeit bemühten Bodenpersonals.
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